BGH-Urteil: Sparkasse darf Frau weiter „Kunde“ nennen

Symbolfoto: Das Gerichtsgebäude am Sievekingsplatz in der Innenstadt Hamburgs. Foto: FoTe-Press

(mr). Als gäbe es keinen wichtigeren Dinge im Leben. Eine 80-jährige Frau aus dem Saarland kämpft für die Feminisierung der Sprache. Weil ihre Sparkasse Formulare ausschließlich mit männlicher Anrede anbietet, zog sie vor den Bundesgerichtshof. Und dieser hat heute entschieden: Frauen haben kein Recht auf eine weibliche Ansprache in Formularen. Das oberste deutsche Zivilgericht wies in Karlsruhe die Revision zurück. Die Klägerin fühlt sich mit männlichen Formulierungen wie “Kunde”, “Sparer” oder “Kontoinhaber” nicht angesprochen und pochte auf die Ansprache als “Kundin”. “Sparerin” oder “Kontoinhaberin”. Sie rügte einen Verstoß gegen den im Grundgesetz garantierten Gleichheitsgrundsatz. Das sieht der VI. BGH-Zivilsenat mit seinen drei Richtern und zwei Richterinnen nicht so: Mit der verallgemeinernden Ansprache in männlicher Form werde sie nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Die Anrede “Kunde” für Frauen sei weder ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht noch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, heißt es in der Begründung (Aktenzeichen VI ZR 143/17).  “Die Klägerin erfährt allein durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen keine Benachteiligung im Sinne von § 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes”, teilte der BGH mit. Die Klage der engagierten Kämpferin für Frauenrechte war bereits in zwei Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Landgericht Saarbrücken argumentierte: “Schwierige Texte würden durch die Nennung beider Geschlechter nur noch komplizierter.” Die 80-jährige Frau hat nun die Möglichkeit vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.


Glosse zum Thema: Braucht es eine Lautsprecherin? 

Ich sitze am Frühstückstisch: Brötchen, Marmelade, Eier. Ich streue gerade Salz über eines der Eier, als ich in der Zeitung Folgendes lese: Die Gleichstellungsbeauftragte des Frauenministeriums will die deutsche Nationalhymne gendergerecht aktualisieren – ohne „brüderlich“ und „Vaterland“. Anstelle dessen sollen „couragiert“ und „Heimatland“ eingesetzt werden. Mal abgesehen davon, dass der Hymnentext kein Behördenschreiben, sondern das Werk eines Dichters (Hoffmann von Fallersleben) ist, fehlen mir wirklich die Worte. Seit Jahrzehnten höre ich dieses Lied aus einem Lautsprecher – nicht einer Lautsprecherin! Auch ist mir die Nationalhymne aus meinem Fernseher bekannt – nicht aus einer Fernsehseherin. Zur Begründung verwies die Frauenbeauftragte demnach auch auf geschlechterneutrale Umformulierungen etwa in der österreichischen Hymne. Aus „Heimat bist du großer Söhne“ wurde dort „Heimat großer Töchter und Söhne“. Ja, natürlich gehören zu einem Volk nicht nur Söhne und Brüder, sondern auch Schwestern und Töchter. Allerdings gibt es nun mal geschlechtlich festgelegte Begriffe. Jahrelang hat sich niemand daran gestört. Ich trage beispielsweise ein Holzfällerhemd – genauso wie meine Freundin. Diskriminiert fühlt sie sich dadurch nicht. Sonst würde sie wohl in all den Klamottengeschäften Holzfällerinhemden fordern. In unserer Garage steht übrigens ein Feuerlöscher. Im Ernstfall ist es meiner Freundin wohl egel, dass der Feuerlöscher einen maskulinen Hintergund hat. Als unser Haus gebaut wurde, stand auf dem Schild der Bauherr – und keine Bauherrin. Geweckt wird sie übrigens von einem Wecker – ebenfalls maskulin. Warum also jetzt auf einmal der Aufschrei nach Veränderungen? Als Mann fordere ich doch jetzt auch nicht eine Namensänderung von „Mutter Natur“ oder „Mutter Erde“! Eine Seniorin aus dem Saarland verklagt übrigens eine Sparkasse, weil sie in Formularen der Bank mit männlicher Formulierung „Kunde“ (und nicht Kundin) angesprochen wird. In den Formularen der Bank heißt es bislang „Lieber Kunde, …“, „Unterschrift des Kontoinhabers“ oder „Sparer“, unabhängig davon, ob sich der Vertrag an eine Frau oder einen Mann richtet. Aber ich klage doch jetzt nicht auch gegen das Wort „Muttersprache“ und fordere im Rahmen der Gleichbehandlung eine „Vatersprache“, oder? Vielleicht denke ich noch mal drüber nach. Jetzt wird zu Ende gefrühstückt mit Brötchen, Marmelade, Eiern – ich greife zu einer Salzstreuerin. 

Matthias Röhe