Sesamstraße: 50 Jahre wer, wie was

Ernie und Bert bei einem Besuch an Hamburgs Landungsbrücken. Foto: FoTe Press/Röhe

(ha). Anlässlich des 50. Jubiläums der Sesamstraße zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) eine große Sonderausstellung mit dem Titel „Sesamstraße. 50 Jahre Wer, Wie, Was!“. Die Besucherinnen und Besucher tauchen auf etwa 700 Quadratmetern in die unterhaltsame Welt von Ernie und Bert, Elmo und dem Krümelmonster ein und blicken hinter die Kulissen des erfolgreichen Fernsehformats. Die in Kooperation mit dem NDR entstandene Ausstellung richtet erstmals den Fokus auf die Gestaltung und handwerkliche Produktion der legendären Sendung und fragt danach, wie die Puppen, Kulissen, Kostüme, Requisiten und Musikstücke entwickelt werden und wer die kreativen Köpfe und geschickten Hände hinter den fantasievollen Figuren, Trickfilmen und Schauplätzen sind. Noch nie waren so viele Originalpuppen der Sesamstraße in Deutschland zu sehen: Die Ausstellung versammelt 16 Figuren, dazu gehören neben den bekannten Superstars Ernie und Bert, Elmo und dem Krümelmonster auch Bibo, Abby Cadabby und die lange verschollenen Charaktere Rumpel, Tiffy und Herr von Bödefeld.

Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Die Sesamstraße hat vor 50 Jahren die Neugier auf die Welt in all ihren Facetten in die Kinderzimmer gebracht. Zugleich gibt die Sesamstraße Kindern eine Stimme und hat unsere Gesellschaft verändert. Kann ein Krümelmonster unseren Kindern Dinge beibringen, dürfen Männer offen zusammenleben, passen Fernsehen und Pädagogik überhaupt zusammen? All dies war vor 50 Jahren umstritten und ist heute zum Glück völlig normal. Die Ausstellung ‚Sesamstraße. 50 Jahre Wer, Wie, Was!‘ führt uns auch hinter die Kulissen der Sesamstraße und fragt, wie die Puppen oder Kostüme entwickelt wurden und welche Kreativköpfe daran eigentlich beteiligt waren. Es gibt also 1.000 tolle Sachen für Groß und Klein zu entdecken.“

Tulga Beyerle, Direktorin des MK&G: „Die Ausstellung stellt erstmals Fragen nach der Gestaltung der Sesamstraße. Dabei kommen insbesondere die Macher*innen zu Wort und liefern spannende Einblicke in die Produktion des einzigartigen Unterhaltungsformats. Als kollektives Kulturgut spiegelt die Sesamstraße auch den gesellschaftlichen Wandel wider. Die innovative Haltung der Produzent*innen begeistert mich, sie ist bis heute ein inspirierender Gestaltungsansatz für eine offene und tolerante Gesellschaft.“

Neben den originalen Figuren und Filmsets der Sesamstraße sowie Raritäten aus Privatbesitz werden die sympathischen Charaktere in Audiospuren mit Originalstimmen aus verschiedenen Zeiten lebendig; an der Puppenbaustation können Kinder eine individuelle Figur kreieren und Selfies machen; eine Videojukebox spielt 20 Sesamstraßen-Lieder – von Diskohits aus den 1970er Jahren bis zu aktuellen Popsongs. Weitere interaktive Stationen laden die ganze Familie zum Mitmachen ein.

An die Sesamstraße sind über Generationen hinweg prägende Erinnerungen geknüpft. In den 1970er Jahren revolutionierte die deutsche Fassung das Kinderfernsehen mit einem pädagogischen Programm, das soziales Lernen, Kreativität und Selbstbewusstsein förderte. Die Gäste werden in der Ausstellung viele charakteristische Gesichter, einprägsame Geschichten und bekannte Melodien wiederentdecken. Die einzigartige Kindersendung hat sich im Laufe der Zeit natürlich auch verändert: Ensembles, Produktionsmethoden, Konzepte und Vermittlungsansätze wurden über fünf Jahrzehnte immer wieder an den aktuellen Zeitgeist angepasst.

Neun Ausstellungsbereiche nehmen die kreativen Schwerpunkte der Sesamstraße in den Blick: Unter der Überschrift Die frühen Jahre wird das breite Spektrum des TV-Formats im Kontext der 1970er Jahre präsentiert. Im Kapitel Puppenbau und Puppenspiel werden verschiedene Charaktere und Figurentypen vorgestellt und Identifikations- und Deutungsmöglichkeiten eröffnet. Samson, Tiffy und Herr von Bödefeld kommen hier zusammen. Dass die Kostümbildner*innen wahre Verwandlungskünstler*innen sind, zeigt das Kapitel Kostüm. Fantasievolle Outfits für Dirk Bach und Anke Engelke werden ebenso präsentiert wie die Fee Abby Cadabby als Ritterin. Wie ein Roboterpferd aussieht, wie viele Kronkorken Bert in seiner Sammlung hat, und wie Griesgram Rumpels Tonne von innen wirkt, kann man im Bereich Requisite entdecken. Der Themenbereich Kulisse verdeutlicht, wie ein Sesamstraßen-Set vom Grundriss bis zur Einrichtung der Requisiten gestaltet wird. Zu sehen sind das berühmte Schlafzimmer von Ernie und Bert sowie Elmos Spielhaus. Im Kapitel Musik werden die Hintergründe einzelner Kompositionen aufgefächert, Tonträger aus fünf Jahrzehnten zeigen die Bandbreite der Sesamstraßen-Ohrwürmer wie „Der, die, das“. Die Sendung ist bekannt für unterhaltsame und professionelle Trickfilme. Die Knetfiguren Plonsters, die Erfinderin Susi Schraube und das chaotische Duo Wisch & Mop sind mit ihrer handgemachten Ästhetik und vertrauten Materialien dicht an den Basteltischen der Kinder. Wie das Vorschulformat auch ernste Themen wie der Umgang mit dem Tod erzählerisch meistert, erfährt man im Kapitel Geschichten erzählen. Zum Abschluss zeigt die Ausstellung künstlerische Auftragsarbeiten renommierter Illustrator*innen wie Arne Bellstorf, Sheree Domingo, Aisha Franz, Anna Haifisch, Sascha Hommer und Mirko Röper.

Die Ausstellung berührt darüber hinaus gesellschaftliche Fragen: Ist die Sesamstraße politisch? Wie vermittelt sie pädagogische Inhalte an Vorschulkinder? Wie hat der Zeitgeist die Sendung geprägt und die Sesamstraße die Popkultur beeinflusst? Wie hat sich die offene, integrative und auf Gemeinschaftssinn fußende Haltung des Formats innerhalb von 50 Jahren weiterentwickelt?

1969 startet die Sesame Street (Originaltitel) im US-Fernsehen nach der Idee von Joan Ganz Cooney und Lloyd Morrisett, den beiden Gründer*innen der gemeinnützigen Bildungsorganisation Sesame Workshop. Die Kindersendung, die Unterhaltung und Lernen auf einzigartige Art miteinander verbindet, spielt in einer nachgebauten Straßenszenerie, in der menschliche Bewohner*innen mit den beliebten Puppen von Jim Henson zusammenwohnen. In Deutschland laufen 1972 testweise einige US-Folgen im Originalton in den Dritten Programmen. Die deutsche Adaption wird erstmals am 8. Januar 1973 ausgestrahlt, der NDR übernimmt federführend die Bearbeitung und die Ko-Produktion mit Sesame Workshop. Seitdem werden über 2900 Folgen der Sesamstraße im deutschen Fernsehen gesendet. Hinzu kommen Specials, Filme und Spin-offs wie das erfolgreiche Format „Eine Möhre für Zwei“ (seit 2010). Ab 1978 entstehen in Hamburg eigenständige Rahmengeschichten des humorvollen Magazinformats mit deutschen Puppen, wie Samson und Tiffy, der Schnecke Finchen, der neugierigen Feli Filu oder dem Comedy-Duo Wolle und Pferd. Unterstützt werden sie von Schauspieler*innen wie Dirk Bach, Gernot Endemann, Manfred Krug, Liselotte „Lilo“ Pulver, Julia Stinshoff und Henning Venske sowie zahlreichen Gaststars.

Die Ausstellung spricht mit innovativen Vermittlungsstationen verschiedene Sinne der kleinen und großen Besucher*innen an und lädt zum Mitmachen ein: Neben dem Musikzelt zum Mitsingen und Tanzen können junge Gäste an einer großen Malstation selbst kreativ werden. Eigens für die Ausstellung entstandene Tonspuren bringen die Puppen zum Sprechen und lassen die Kreativen zu Wort kommen.
Das Begleitprogramm bietet unter anderem regelmäßige Knetfiguren-Workshops für junge Gäste. Die kreative Strahlkraft der Sendung wird zudem in einem zur Ausstellung entstanden Filmprojekt der Wabe-Kita Oxpark deutlich, die ihre „Neue Sesamstraße“ präsentieren.

Eintrittskarten bekommen Sie online unter tickets.mkg-hamburg.de.