Razzia in Hamburg: Verbot von „Muslim Interaktiv“

Ein Mannschaftwagen der Hamburger Polizei. Foto: FoTe Press

(ha). Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat am heutigen Tag die islamistische und vom Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg als gesichert extremistisch eingestufte Vereinigung „Muslim Interaktiv“ (MI) verboten, da sich deren Zweck und Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richten. Die im März 2020 gegründete Gruppierung MI ist dem ideologischen Umfeld der radikal-islamischen und seit Januar 2003 mit einem Betätigungsverbot belegten Organisation Hizb ut-Tahrir (HuT) zuzuordnen.

Am frühen Mittwochmorgen erfolgten auf Ersuchen des Bundesinnenministeriums umfangreiche Durchsuchungen in sieben Objekten in Hamburg durch zahlreiche Hamburger Polizeikräfte. Der Verein wird aufgelöst und das Vermögen von Muslim Interaktiv beschlagnahmt.

In der Vergangenheit organisierte „Muslim Interaktiv“ in Hamburg, aber auch anderen deutschen Städten Aktionen und Demonstrationen, bei denen u. a. die Einführung eines Kalifats gefordert wurde (April 2024). Eine relevante Wirkung hatte die Gruppierung darüber hinaus durch ihre Online-Aktivitäten auf verschiedenen Social-Media-Kanälen, darunter Instagram, Facebook und TikTok.

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2024 heißt es zu „Muslim Interaktiv“:

„Die Verantwortlichen gehen in ihren Posts und veröffentlichten Videos auf aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen ein und instrumentalisieren diese zur Darstellung einer vermeintlich fortwährenden Ablehnungshaltung der Politik und Gesellschaft in Deutschland gegenüber der gesamten muslimischen Community. Damit greifen sie auf ein verbreitetes Narrativ islamistischer Gruppierungen zurück, das „dem Westen“ eine zielgerichtete Unterdrückung der Muslime vorwirft, und entwerfen ein Bedrohungsszenario, in welchem sie sich dann wiederum als Beschützer präsentieren. (…). Mit der selektiven Interpretation und Darstellung gesellschaftspolitischer Ereignisse zielt MI nach Einschätzung des Verfassungsschutzes auf eine desintegrative Wirkung unter der muslimischen Bevölkerung und eine Spaltung der Gesellschaft ab. Zudem versucht die Gruppierung, das Vertrauen in die Institutionen des deutschen Staates, der als „Wertediktatur“ bezeichnet wird, zu erschüttern.“

Weitere Informationen hat das Landesamt für Verfassungsschutz auf seiner Internetseite bereitgestellt: www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-inneres-und-sport/muslim-interaktiv-1086618

Innensenator Andy Grote: „Mit dem heute vollstreckten Verbot von Muslim Interaktiv haben unsere Sicherheitsbehörden eine gefährliche und sehr aktive islamistische Gruppierung ausgeschaltet. Wie schon beim Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg vor einem Jahr, wurde auch der heutige Schlag gegen den modernen TikTok-Islamismus von Muslim Interaktiv durch die jahrelange und intensive Arbeit unseres Hamburger Verfassungsschutzes ermöglicht. Das Verbot zeigt, dass wir gerade hier in Hamburg mit aller Härte und Konsequenz gegen islamistische Strukturen vorgehen. Und das werden wir auch in Zukunft tun. Das ist unsere Botschaft an alle, die die Religion missbrauchen, um unsere demokratischen freiheitlichen Werte zu bekämpfen und insbesondere die muslimische Bevölkerung zu spalten.“

Torsten Voß, Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes: „Das heutige Verbot von Muslim Interaktiv ist ein weiteres starkes Zeichen des Rechtsstaats gegen den Islamismus in Hamburg. Ich freue mich, dass das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg durch seine intensive Arbeit entscheidend zu diesem Erfolg beitragen konnte. Wir werden die Feinde unserer Demokratie auch künftig mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen. Das Verbot schützt auch die Religion, denn es richtet sich ausdrücklich nicht gegen Muslime, sondern gegen Verfassungsfeinde, die den Islam für ihre ideologischen Zwecke missbrauchen.“

Vereinsverbote sind ein wichtiges Instrumentarium zur Bekämpfung des politischen und religiösen Extremismus und Ausdruck einer wehrhaften Demokratie. Sie ermöglichen die Schwächung organisierter Strukturen und die Einziehung von Finanz- und Sachmitteln. Offen verfassungsfeindliche Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung werden auf diese Weise ebenso erschwert wie eine fortgesetzte Begehung von Straftaten. Zudem haben Vereinsverbote eine abschreckende Wirkung vor allem auf Mitglieder und potenzielle Sympathisanten. Nach Art. 9 Abs. 2 GG können Vereine verboten werden, wenn ihr Zweck oder ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder schaffen im Vorfeld mit oft umfassenden Materialsammlungen eine wesentliche Grundlage für Verbotsmaßnahmen. Ferner beobachten sie auch nach einer entsprechenden Verfügung aufmerksam, ob Tätigkeiten von ehemaligen Mitgliedern etwa der strafbaren Bildung von Ersatzorganisationen dienen.