Spritpreise steigen wegen Ukraine-Krieg auf Rekordhöhe

Eine Anzeigentafel an einer Tankstelle an der Feldstraße in Hamburg. Foto: FoTe Press/Röhe

(mr). Rekordpreise beim Kraftstoff! Wer in diesen Tagen mit seinem Pkw an die Tankstelle fährt, traut seinen Augen kaum. Die Spritpreise steigen wegen des Ukraine-Kriegs bundesweit in die Höhe – auch in Hamburg. Ein Liter Super kostet schon über 2 Euro. Auch Dieselkraftstoff hat kräftig angezogen: mittlerweile teurer als Benzin. Der Preis pro Liter lag am Mittwoch (9. März 2022) bei mehr als zwei Euro. Und die Preise werden wohl noch weiter steigen. Deswegen wird es auch immer lohnenswerter, einen Blick auf die Kraftstoffpreise in Deutschlands Nachbarländern zu werfen. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) hat die Durchschnittspreise für Super und Diesel-Kraftstoff ermittelt.

In Polen beispielsweise kostet ein Liter Super derzeit 1,19 Euro (Diesel: 1,20 Euro). Auch Österreich ist vergleichsweise günstig mit 1,48 Euro je Liter (Diesel: 1,46 Euro).

Dass der Ukraine-Krieg die Ursache für die hohen Preise ist, steht außer Frage. Fakt ist aber auch, dass Vater Staat kräftig an den Kraftstoffpreisen mitverdient. Auf alle Energieträger ist schließlich die Mehrwertsteuer fällig. Sie wird auf den Warenpreis sowie die Energiesteuer erhoben. Insgesamt landen damit beim Benzin etwa 48 Prozent der Tankrechnung als Steuern beim Staat, bei Diesel sind es zirks 39 Prozent. Das teilt der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e.V.  (ADAC) mit.

Mit dem Rest werden die eigentlichen Kosten für das Produkt von der Rohölquelle über den Transport nach Deutschland und die Weiterverarbeitung bis zur Zapfsäule bezahlt. Auch die erst kürzlich eingeführte CO2-Abgabe findet hier ihre Berücksichtigung. Und natürlich wollen die Mineralölkonzerne einen möglichst hohen Gewinn erzielen.

Bemerkenswert: Aktuell heißt es, wir hätten einen Ölpreis wie seit 2008 nicht mehr. Aber: Ein Barrel Rohöl kostete im Jahr 2008 fast 149 Dollar. Aktuell sind es 125 Dollar für ein Barrel Rohöl. Zu berücksichtigen ist allerdings der Wechselkurs (Euro zu Dollar), der den Import von Rohöl verteuert: 2008 kostete ein Euro zwischen 1,30 bis etwa 1,60 Dollar. Aktuell sind es 1,107 Dollar. Dadurch wird der Ölpreis zwar etwas verteuert, aber noch nicht auf das Niveau von 2008.

An den Hamburger Tankstellen kostete der Liter Super-E10 2,14 Euro, Super 2,08 Euro. Im Jahr 2008 musste man für Super-E10 maximal 1,60 Euro bezahlen. Und wer profitiert bei aktuell hohen Kraftstoffpreisen? Der Bundesfinanzminister (aktuell Christian Lindner, FDP). ÜBer 50 Prozent von dem, was pro Liter an der Tankstelle kassiert wird, landet im Steuersäckel. In dem Literpreis enthalten sind Mehrwertsteuer, Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) und CO2-Preis.). Für Vater Staat also ideal, wenn die Benzinpreise in Höhe gehen. Warum ist der Kraftstoff beispielsweise im Nachbarland Polen vergleichsweise billig? Antwort: Polen hat die Steuern auf Kraftstoffe gesenkt – der Ölpreis ist der gleiche wie bei uns in Deutschland. Ganz deutlich muss an dieser Stelle also erklärt werden, dass der Krieg in der Ukraine primär der Grund für den Anstieg des Ölpreises ist (gobaler Rohstoffhandel ist abhängig von Konjunktur, politischer Lage oder Jahreszeit). Sekundär ist es aber eine rein politische Entscheidung – und keine reine Entscheidung der Weltmarktpreise.

Es handelt sich um Durchschnittspreise in Euro pro Liter und beziehen sich auf die 8. Kalenderwoche 2022 (21. Februar bis 27. Februar). Die Angaben bezüglich des Durchschnittspreises stammen vom Automobilclub von Deutschland (AvD).


Das neue Logo der Hamburger Allgemeine Rundschau mit dem Claim „Hummel Hummel. Infos Infos“.

Als Lügner dargestellt und um knapp 1.400 Euro ärmer

(ds). Stefan P. (Name von der Redaktion geändert) aus Hamburg ist arbeitslos gemeldet (Hartz-IV-Empfänger), arbeitet nebenbei als Pressefotograf und tauscht mit einigen seiner Kollegen Fotos aus. „Es finden viele Termine zeitgleich statt, so dass man als Fotograf nicht bei jedem Termin sein kann. Termine werden aufgeteilt, Bilder im Nachhinein untereinander ausgetauscht“, sagt Stefan P.. Mit dem Tausch werden alle Nutzungsrechte abgegeben – es verhalte sich so, als hätte der jeweils andere die Fotos selbst gemacht.
Die meisten Fotografen arbeiten für eine feste Agentur, die wiederum das Bildmaterial an Tageszeitungen und Illustrierten vermarktet. Die meisten Zeitungen und Illsustrierten haben ihre festen Agenturen, von denen sie ihr Material beziehen. Von daher stehen die Fotografen nicht unbedingt in direkter Konkurrenz. Vom Tausch der Bilder hat jeder einzelne Vorteile: er kann seiner Agentur von jedem Termin Fotos anbieten und die Chance steigt, Bilder in die Zeitungen zu bekommen. Für jeden der Fotografen.
Irgendwann im Jahr 2005 kommt es zu einem E-Mail-Kontakt zwischen Stefan P. und dem Pressefotografen Thomas D. aus Düsseldorf. Beide tauschen Fahrzeugfotografien (Lastkraftwagen) aus. Auch hier vereinbaren beide, dass sämtliche Nutzungsrechte übertragen werden. Es verhalte sich so, als hätte der jeweils andere die LKW-Fotos gemacht. „Wenn jemand sein Wort gibt, hat er sich auch daran zu halten“, sagt Stefan P.. Es werden CDs gebrannt und per Post verschickt. Eineinhalb Jahre später, im Januar 2007, liegt ein Schreiben eines Rechtsanwaltbüros in Berlin in seinem Postkasten: eine Abmahnung. Sofort ruft Stefan P. den Pressefotografen Thomas D. an, klärt den Sachverhalt. Während des Telefonats stellt sich heraus, dass damals offenbar ein Missverständnis aufgekommen sein muss. Thomas D. war keinesfalls damit einverstanden, dass alle Nutzungsrechte übertragen würden. Er bestünde auf Honorar bei jeder Veröffentlichung und vorallem auf Nennung seines Namens (Urhebervermerk). Stefan P. ist sich aber sicher, dass beide damals etwas anderes vereinbart hatten und deshalb veröffentlichte er die Fotos auf seiner Homepage und versuchte natürlich, die Bilder an Zeitungsredaktionen zu verkaufen – wie es seiner Meinung nach vereinbart wurde. Wie dem auch sei. Stefan P. verspricht, sämtliche Fotos von Thomas D. umgehend aus seinem Angebot zu entfernen. Mit Ausnahme eines Fotos: denn ein Foto von insgesamt sieben war tatsächlich von Stefan P. selbst fotografiert. Es hatte nur Ähnlichkeit mit einem Foto, welches Thomas D. gemacht hatte. Thomas D. verspricht im Gegenzug, seinen Rechtsanwalt aufzusuchen und ihn zu informieren, dass das Thema vom Tisch sei.
Am 15. Februar 2007 flattert Stefan P. mittels Postübergabeurkunde eine einstweilige Verfügung ins Haus. Der Schock seines Lebens. „Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (…) verboten, die aus der Anlage ersichtlichen Fotografien zu gewerblichen Zwecken zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen.“
Stefan P. traut seinen Augen kaum. „Ich dachte wirklich, dass Thomas D. sein Wort hält und mit seinem Rechtsanwalt über die Angelegenheit spricht. Pustekuchen. Sein Rechtsanwalt ist mit schweren Vorwürfen überhaupt nicht sparsam: „Die besondere Skrupellosigkeit des Antragsgegners und seine offensichtliche Uneinsichtichkeit rechtfertigen die Annahme der besonderen Dringlichkeit“, „(…) der Antragsgegner hat die Nutzungsrechte des Antragsstellers als Lichtbildner gemäß § 72 UrhG verletzt“ und „zudem verletzt der Antragsgegner das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft des Antragsstellers gemäß § 13 UrhG, indem er den üblichen Bildquellennachweis unterlässt(…)“.
„Ein völlig falsches Bild, das sein Rechtsanwalt von mir hat und den Richtern vom Landgericht offerieren will“, sagt Stefan P. Der Hartz-IV-Empfänger ist wahnsinnig enttäuscht. „Ich hab noch nie mit einem so falschen Menschen zu tun gehabt wie mit Thomas D. – und das ist auch noch ein Kollege, wie peinlich für unsere Berufsgruppe.“ In einer eidesstattlichen Versicherung beharrt er sogar darauf, das siebte Foto doch selbst gemacht zu haben, obwohl das Bild nachweislich Stefan P. gemacht hat. Der Hamburger Fotograf legt Widerspruch ein. Er schreibt dem Gericht. Offensichtlich „wittert“ Thomas D. bei der Tätigkeit von Stefan P. als Pressefotograf und Journalist einen Millionengewinn mit seinen Fahrzeugfotos. Dies sei nicht der Fall. Telefonisch hätte Stefan P. versichert, dass bis zum damaligen Tage kein einziges Foto von Thomas D. veröffentlicht worden sei. Selbst seine eigenen Fotos von LKW seien bis heute nicht veröffentlicht worden. Thomas D. sei uneinsichtig und stur. Er führe den Prozess mutwillig herbei, um alle Kosten erstattet zu bekommen – und möglicherweise sogar noch Schadensersatz und weitere Kosten (Honorare für seine Fotos, etc.). Stefan P. habe im guten Glauben gehandelt. Als er sich damals auf den Fototausch mit Thomas D. einließ, ahnte er nichts Böses. Die Antwort des Gerichts kommt prompt wenige Wochen später mittels eines Beschlusses: „Der Widerspruch (…) gegen den Beschluss vom 30.03.2007 wird nicht abgeholfen. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsgegner verkannt die Beweislast für die ihm geltend gemachte Übertragung von Nutzungsrechten.“ Mit anderen Worten: Hätte Stefan P. jeglichen E-Mail-Verkehr aufbewahrt, der bewiesen hätte, dass damals sämtliche Nutzungsrechte beiderseits vollständig übertragen wurden, könnte er es beweisen. Ohne diesen Beweis gilt in diesem Fall: Pech für Stefan P.
In „normalen“ Gerichtsprozessen wird meist ein salomisches Urteil gefällt – wenn Aussage gegen Aussage steht. Beide Parteien würden wohl je die Hälfte aller Kosten tragen müssen. In Urheberrechtsangelegenheiten hingegen ist der Antragsgegner beweispflichtig. Leider konnte Stefan P. nur beweisen, dass eines der insgesamt sieben Bilder von ihm war. Somit hat der Antragsgegner Stefan P. die gesamten Kosten zu tragen. Apropos Kosten: Allein die Gerichtskosten belaufen sich auf 344 Euro, die Anwaltskosten schlagen mit knapp 1.000 Euro zu buche. Der Gegenstandswert der sieben Fotos wurde seitens des Gerichts übrigens mit 10.000 Euro beziffert. So kommt für den Anwalt natürlich eine erhebliche Gebührennote zustande – der einzige Gewinner der gesamten Aktion.

Rechtsanwalt Marko P. geht mit aller Macht gegen den Hartz IV-Empfänger vor

ALG II-Empfänger (auch Hartz IV-Empfänger genannt) bekommen monatlich einen Betrag in Höhe von 347 Euro zum Leben plus Mietkosten vom Staat. Sie gehören zu den ärmsten Menschen Deutschlands. Stefan P. gehört zu dieser Personengruppe – dies bereits seit 2005. Seinen ALG-II-Bescheid hat Stefan P. Rechtsanwalt Marko P. (vertritt Thomas D.) zukommen lassen. Aber offenbar scheint es dem Rechtsanwalt völlig egal zu sein, mit wem er es zu tun hat. Das von den 347 Euro Versicherungsbeiträge (Haftpflicht-, Hausrat- und Unfallversicherung) abgehen und auch weitere Beträge für die Rentenversicherungen abgezogen werden, ist Marko P. bekannt. Es bleiben Stefan P. monatlich gerade einmal 100 Euro zum Leben! Dennoch schreibt er in einer bestimmenden E-Mail: „Sie überweisen mir bis auf weiteres 50 Euro, sonst werde ich weitere Schritte einleiten.“ Diese Drohung setzt Rechtsanwalt P. nun um. Am 22. April 2008 steckt ein roter Zettel eines Obergerichtsvollziehers im Briefkasten von Stefan P.. Es liegt ein Pfandauftrag und ein Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts vor. Wir bleiben am Fall dran.
Anmerkung der Redaktion: Mit aller Macht gegen einen Hart IV-Empfänger vorgehen, tut man dies? Es steht uns als Redaktion nicht zu, den Rechtsanwalt zu verurteilen. Sein Mandant hat gegenüber Stefan P. eine Forderung, die der Rechtsanwalt nunmehr einfordert. Aber man muss nicht mit vollem Geschütz gegen die Ärmsten der Gesellschaft vorgehen. Man kann auch mal Gnade vor Recht ergehen lassen. Überspitztes Beispiel: Einem Obdachlosen den Schlafsack wegpfänden ist keine Kunst – es ist armseelig. Offenbar beharrt Marko P. auf jeden Cent seiner etwas über 900 Euro, die Stefan P. ihm schuldet. Kein feiner Zug wenn man berücksichtigt, dass Stefan P. arbeitslos und arm ist.
Gern hätten wir eine Stellungnahme des Rechtsanwalts bekommen. Aber auf unsere E-Mail reagiert Rechtsanwalt Marko P. nicht. Er ist im Urlaub.

Hinweis zur Transparenz: Dieser Artikel erschien in der Hamburger Allgemeinen Rundschau im Mai 2008.

Kommentar

Muss man gleich zum Hörer greifen und die Polizei verständigen, nur weil der Nachbar laute Musik hört? Kann man nicht bei ihm klingeln und ihn auf sein Fehlverhalten nett aufmerksam machen?
Muss man gleich wie ein Verrückter in den Nachbargarten brüllen, nur weil der Qualm des Grills zu einem herüberzieht? Muss man gleich an der Ampel penetrant huben, nur weil der Vordermann die Grünphase nicht sofort bemerkt? – In was für einer Gesellschaft leben wir denn? Auch der vorliegende Fall mit der Urheberrechtsverletzung lässt mich nur mit dem Kopf schütteln. Die Verlogenheit, die Dreistigkeit eine einstweilige Verfügung beantragen zu lassen und alle Schritte bis zuletzt durchzugehen. Dabei wäre es ein Anruf oder eine E-Mail gewesen, und sicherlich wäre das Problem aus der Welt geschafft. – Kann man sich nicht einigen, besteht doch dann immer noch die Möglichkeit, weitere Schritte einzuleiten. Es muss nicht von vornherein mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden. Vergessen viele den Spruch „Was du nicht willst, das man dir tu, dass füge auch keinen anderem zu?“
Ich wünschte mir, es würden sich mehr Menschen über ihr Verhalten Gedanken machen – im Vorwege…

Matthias Röhe, Redaktionsleiter