(ha). Mit einer gemeinsamen Kampagne wollen die Hamburger Sozialbehörde, Jobcenter team.arbeit.hamburg und die Agentur für Arbeit Hamburg, unterstützt von mehreren großen Hamburger Unternehmen, die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt vorantreiben. Ziel der Hamburger Kampagne ist es, noch mehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dafür zu sensibilisieren, Geflüchteten eine Chance zu geben und sich auch für Menschen mit geringen Kenntnissen der deutschen Sprache und nicht anerkannten bzw. vorliegenden Berufsabschlüssen zu öffnen.
Hamburg ist bei der Integration von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt bereits auf einem guten Weg: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den Top-8-Asylherkunftsländern und die Beschäftigung ukrainischer Staatsangehöriger hat sich in Hamburg, trotz der schwierigen konjunkturellen Lage, in den vergangenen Jahren seit 2015 vervierfacht – mit weiter steigender Tendenz. Von insgesamt 1,073 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hamburg stammen etwa 29.400 aus den acht häufigsten Asylherkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Damit ist Hamburg im Vergleich zu den Beschäftigungsquoten der anderen Bundesländer auf der Spitzenposition. Mit einem Zuwachs der Beschäftigung der ukrainischen Geflüchteten von zirka 8.200 seit Februar 2022 hat sich die Beschäftigung nahezu vervierfacht.
Viele der hier in Hamburg lebenden Geflüchteten hätten bereits einen Integrationskurs absolviert, verfügen über grundlegende Deutschkenntnisse und sind bereit für einen Neustart auf dem Hamburger Arbeitsmarkt. Die Kampagne soll nun noch mehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber animieren, Geflüchtete einzustellen und auf pragmatische Lösungen beim weiteren Spracherwerb zu setzen. Berufsabschlüsse können berufsbegleitend anerkannt und erforderliche berufsbezogene Qualifikationen auch „on the job“ erworben werden. Vier Hamburger Unternehmen, die geflüchteten Menschen eine Chance auf dem Hamburger Arbeitsmarkt gegeben haben – die Hamburger Sparkasse (Haspa), die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), das Drogeriemarkt-Unternehmen budni und der Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Hamburg) – unterstützten die Kampagne mit einer Botschaft an die Hamburger Wirtschaft: „Geben Sie geflüchteten Menschen eine Chance! Melden Sie offene Stellen dem Arbeitgeber-Service Hamburg!“
Die Ukrainerin Maryna Aliieva ist vor dem Krieg geflohen und seit zweieinhalb Jahren als Verkäuferin in einer budni-Filiale beschäftigt. Majed Al Wawi kam 2015 aus Syrien nach Deutschland und arbeitet als Mechatroniker bei der HHLA. Valeriia Shvetsova hat in ihrer ukrainischen Heimatstadt Dnipro Betriebswirtschaftslehre studiert und ist Kundenberaterin bei der Haspa. Diese drei Geflüchteten und vier Hamburger Unternehmen geben der Kampagne ihr Gesicht. Die Kampagne setzt dabei in den kommenden Wochen auf die Veröffentlichung von Plakaten sowie die Schaltung von Radio-Spots und Anzeigen.
Integration in den Arbeitsmarkt ist Gemeinschaftsaufgabe
Die Integration geflüchteter Menschen in Arbeit ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller am Arbeitsmarkt tätigen Akteure. Das Hamburg Welcome Center, die Agentur für Arbeit und das Hamburger Jobcenterintensivieren deshalb die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern, Verbänden und Kammern, zum Beispiel mit „Matching-Aktionen“ wie etwa Jobmessen und Bewerbertagen. Der Arbeitgeber-Service Hamburg unterstützt Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit individueller Beratung rund um das Thema Personal, Angebote für den passgenauen Spracherwerb am Arbeitsplatz durch Job-Berufssprachkurse und finanziellen Fördermöglichkeiten. Dieser Service ist kostenfrei.
Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer: „Wir wollen, dass zu uns geflüchtete Menschen schneller auf dem Arbeitsmarkt ankommen. Arbeit stärkt Menschen, schützt vor Armut und fördert die Integration. Erste Arbeitserfahrungen und Spracherwerb sollen noch stärker Hand in Hand gehen. Bei der Arbeit erlernte Sprache hilft so bei der schnelleren Integration in unsere Gesellschaft. Damit dieses Vorhaben gelingt, brauchen wir Arbeitgeber, die Geflüchteten eine Chance geben, auch wenn sie noch nicht perfekt Deutsch sprechen. Gleichzeitig sind die zu uns geflüchteten Menschen aufgerufen, aktiv ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ergreifen.“
Sönke Fock, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hamburg: „Wir verzeichnen eine stete Zunahme bei Personen aus der Ukraine und auch aus den acht Asylherkunftsländern, die eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung annehmen. Parallel besteht ein erheblicher Fach- und Arbeitskräftebedarf. Hier besteht eine sehr gute Chance für den Hamburger Arbeitsmarkt, um Geflüchtete hier nicht nur schnell, sondern auch langfristig zu integrieren – und Personallücken aufzufüllen. Außerdem bedingen sich Integration am Arbeitsmarkt und gute Integration in der neuen Heimat gegenseitig. Wir, als Agentur für Arbeit, und auch unsere Partnerinnen und Partner sehen weiterhin eine hohe Relevanz des Job-Turbos, um durch unsere enge Zusammenarbeit Integration einfacher, zügiger und unbürokratischer zu gestalten.“
Dirk Heyden, Geschäftsführer von Jobcenter team.arbeit.hamburg: „Jetzt braucht es Arbeitgeber, die Geflüchtete mit Grundkenntnissen der deutschen Sprache einstellen, auf pragmatische Lösungen beim weiteren Spracherwerb setzen und das Angebot von passgenauen Job-Berufssprachkursen nutzen. Hier setzt die Kampagne mit ihrer Botschaft „Geben Sie Geflüchteten eine Chance!“ an. Denn: Wer arbeitet, sorgt selbst für seinen Lebensunterhalt, verbessert schneller seine Deutschkenntnisse, erhält seine bereits bestehenden Fähigkeiten und stärkt das Unternehmen mit eigenen Kompetenzen. Der Arbeitgeber erhält im Gegenzug hoch motivierte Menschen, die sich einbringen wollen und das Potenzial mitbringen, zur Fachkraft zu werden.“
Christoph Wöhlke, Geschäftsführer der IWAN BUDNIKOWSKY GmbH & Co. KG: „Die Integration geflüchteter Menschen in Arbeit ist für unser Unternehmen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch menschlich ein voller Erfolg. Aktuell begleiten wir 20 Geflüchtete in den Berufsstart. Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen, die wir gemeinsam mit dem Jobcenter über Messen und Bewerbertage kennengelernt und über Praktika bei uns in den Job gebracht haben. Ich kann jedem Unternehmen empfehlen, sich mit dem Arbeitgeber-Service Hamburg zusammenzuschließen und die Chance zu nutzen.“
Torben Seebold, Personalvorstand der HHLA: „Als europäischer Logistikkonzern stehen wir für Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt. Vielfalt ist für die HHLA ein grundlegender Wert, den wir aktiv leben und fördern. Wir glauben fest daran, dass eine vielfältige Belegschaft und ein inklusives Arbeitsumfeld nicht nur die Basis für eine innovative Arbeitsumgebung bilden, sondern auch entscheidend für unseren langfristigen Erfolg sind. Alle sollen ihr Potenzial in unserem Unternehmen entfalten können – ganz egal, wo sie herkommen, welche Hautfarbe oder Nationalität sie haben. Und wir freuen uns über jedes Talent, das Teil der HHLA wird.“
Jens Stacklies, DEHOGA Hamburg: „Wir brauchen Verstärkung in unseren Teams. Geflüchtete einzustellen und in Arbeit zu integrieren, bietet eine Riesenchance für unsere Branche. Wir müssen pragmatische Lösungen finden und bieten zum Beispiel geflüchteten Menschen als Quereinsteiger ein Praktikum oder Arbeit auf Probe an und stellen ihnen Paten zur Seite.“
Olaf Oesterhelweg, stellv. Sprecher des Vorstands der Hamburger Sparkasse: „Unsere Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine sind aus der Haspa nicht mehr wegzudenken und unsere Erfahrungen mit geflüchteten Menschen sind so positiv, dass ich jedem in der Hamburger Wirtschaft nur empfehlen kann, Geflüchteten eine Chance zu geben und offene Stellen beim Arbeitgeber-Service Hamburg zu melden.“
Kritik an dieser Kampagne kommt von der AfD (Alternative für Deutschland). Fraktionschef und innenpolitischer Sprecher Dirk Nockemann sagt: „Integration ist eine Bringschuld. Wer als Flüchtling nach Hamburg kommt, der wird von Linksgrünen hofiert und der erhält Privilegien, von denen so manch Einheimischer in Hamburg nur träumen kann – zum Beispiel eine erschwingliche Wohnung! Wer sich als Flüchtling in den Arbeitsmarkt integrieren will, der hat ebenfalls viele Chancen. Dafür braucht es keine x-te kostspielige Kampagne. Der rot-grüne Senat wäre besser beraten, die Gelder in Abschiebebestrebungen zu stecken. Zudem stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Kampagne. Unsere jüngste Kleine Anfrage zur Erwerbstätigkeit bei Afghanen offenbart ein grundsätzliches Problem: Unverhältnismäßig viele Afghanen beziehen zu viele Sozialleistungen für die der Steuerzahler aufkommen muss. 2023 gab es von den etwa 31.000 Afghanen in Hamburg über 16.000 Bürgergeldempfänger – nur 8.400 waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Sozialleistungen von afghanischen Bürgergeldempfängern lagen 2023 bei über 145 Millionen Euro. Diese erschreckende Tendenz lässt sich nicht so einfach umkehren – da helfen auch keine gut gemeinten Kampagnen.“