Lernferien: In den Herbstferien büffeln erneut tausende Schüler

Die Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude. Symbolfoto: FoTe-Press

(ha/np). Bildungssenator Ties Rabe freut sich über das Interesse an den Hamburger „Lernferien“, die von der Vorschule bis zur Studienstufe angeboten werden. In den Ferien können alle Schüler bereits zum fünften Mal Lernrückstände aus der Zeit der Schulschließungen aufholen. Die Teilnahme an den etwa 900 Kursen ist für die Schülerinnen und Schüler freiwillig und kostenlos. Die Angebote erstrecken sich von den Grundschulen über die Stadtteilschulen und die Gymnasien bis hin zu den Regionalen Bildungs- und Beratungszentren. Der dringende Bedarf für Nachholprogramme zeigte sich bei hamburgweiten Lernstandserhebungen.

Senator Ties Rabe: „Wie schön, dass die Hamburger Lernferien auch im zweiten Jahr so gut besucht werden. Der unermüdliche Einsatz – auch in den Ferien – ist wirklich überwältigend. Vielen Dank, dass sich so viele Personen dafür einsetzen, dass die Lernrückstände von Schülern kleiner werden. Ihre verlässliche und gute Arbeit wird gesehen und geschätzt. Neuste Überprüfungen der Lernstände haben bestätigt, dass wir in Hamburg dringend Mathematik und Lesen üben müssen. Viele Schüler profitieren von dem kostenlosen und freiwilligen Lernangebot. Deswegen hat die Behörde das Projekt im Sommer bis Ende 2022 verlängert.“

Förderangebote für etwa 400.000 Euro

In den kostenlosen und freiwilligen Lernferienkursen holen Schülerinnen und Schüler Lernrückstände aus der Zeit der Schulschließungen auf. Die Schüler lernen in der Regel eine Woche lang jeden Tag drei Mal 45 Minuten in einer Lerngruppe mit rund acht bis zwölf Schülerinnen und Schülern. In den Herbstferien haben 288 Hamburger Schulen insgesamt zirka 900 Lerngruppen geplant, so viele Schulen haben sich noch nie beteiligt. Wie bereits im Schuljahr 2020/21 findet eine Abstimmung mit den Trägern statt, die für die Ferienbetreuung verantwortlich sind. Die Schulbehörde finanziert die Förderangebote in den Herbstferien mit etwa 400.000 Euro.

Die Kurse werden von Honorarkräften, Lehrkräften oder Erzieherinnen und Erziehern bzw. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen geleitet. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Personal, das den Kindern und Jugendlichen bekannt ist. Die Angebote der Hamburger Lernferien berücksichtigen den Hamburger Bildungsplan und nutzen Materialien und Informationen, die das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) erarbeitet hat. Sprachliche und mathematische Kompetenzen werden in einem motivierenden und abwechslungsreichen Lernsetting geboten. Kreativ-kulturelle Inhalte werden unterhaltsam ergänzt, damit die Schülerinnen und Schüler sich in ihren Ferien auch den Umständen entsprechend erholen und vom Alltag ablenken können.

Ties Rabe weiter: „Im ersten Jahr haben wir Schüler mit akutem Bedarf gezielt angesprochen und ihnen eine Teilnahme empfohlen. Inzwischen steht das Angebot allen Interessierten offen und wird – wie die stetig zunehmenden Zusagen der Schulen beweisen – immer besser angenommen. Die Schüler holen auf, was bei Schulschließungen zu kurz kam, sie bereiten Prüfungen und Präsentationen vor und üben gezielt in den Aufgabenfeldern, die ihnen im Alltag noch nicht so gut gelingen.“

Mehr als sechs Monate konnten Hamburgs Schüler nicht wie sonst üblich in Präsenz zur Schule gehen. Auch wenn die Hamburger Lehrkräfte für ihre Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit engagiert den Wechselunterricht und den Distanzunterricht organisiert haben, gibt es Lernrückstände in allen Unterrichtsfächern. Während der erste Lockdown mit Schulschließungen von März bis Mai 2020 noch verhältnismäßig glimpflich ausgegangen ist, hat der zweite Lockdown mit Schulschließungen vom Dezember 2020 bis März und für viele Jahrgänge sogar bis Mai 2021 deutliche Spuren in der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen hinterlassen, vor allem bei dem Drittel aller Hamburger Kinder und Jugendlichen, die aus sozial benachteiligten Stadtteilen kommen. Das zeigte erst kürzlich eine hamburgweite Lernstandsuntersuchung: Die Untersuchung ergab, dass Hamburgs Drittklässler im Vergleich zu früheren Jahrgängen diesmal deutliche Lernrückstände aufweisen, insbesondere in den Bereichen Lesen und Mathematik muss vieles nachgeholt werden.

Auf Initiative Hamburgs haben die Bundesregierung und die 16 Landesregierungen ein gemeinsames Lernförderprogramm vereinbart. Hamburg erhält aus dem Bundesprogramm rund 26 Millionen Euro für zusätzliche Lernförderkurse und für Angebote zur sozialen und psychischen Stärkung der Kinder und Jugendlichen. Die Lernförderung konzentriert sich neben den Ferienangeboten auf zwei weitere Bereiche:

  • Über 20 Prozent aller Kinder der vierten Klassen können nachmittags in jeder Schulwoche vier zusätzliche Förderstunden in kostenlosen Lernkursen mit besonders kleinen Lerngruppen von rund vier Schülerinnen und Schülern pro Kurs besuchen. Das Lernförderungsprogramm „Anschluss“ orientiert sich an den spezifischen Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern der vierten Jahrgangsstufe, um den besonderen Herausforderungen des Übertritts an eine weiterführende Schule zu begegnen. Die Teilnahme der Schulen an dem Programm ist verbindlich. Das Programm wird von der Schulbehörde und der ZEIT-Stiftung finanziert. Bis zu 4.000 Kinder können dieses neue Angebot nutzen.
  • Bis zu 20.000 Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen und Grundschulen profitieren von einer Aufstockung der in Hamburg seit 2012 etablierten Lernförderung am Nachmittag. Sie können in zusätzlichen kostenlosen Lernkursen mit etwa acht Schülern pro Kurs nachmittags in der Schule Versäumtes in allen Fächern nachholen.

Die Teilnahme an den zusätzlichen Förderangeboten ist für alle Schüler freiwillig, alle Angebote finden in der vertrauten Umgebung der eigenen Schule statt, werden von der Schule organisiert, sind mit dem Regelunterricht verzahnt und werden meistens von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schule erteilt.


Das neue Logo der Hamburger Allgemeine Rundschau mit dem Claim „Hummel Hummel. Infos Infos“.

Falscher Staatsanwalt : Geschäftsmann gibt sich als Amtsperson aus

(as). In Zeitungsmeldungen wird oft über falsche Polizisten gewarnt. Nun kam es in Hamburg zu einem Fall, in dem sich ein Hamburger Geschäftsmann als Staatsanwalt ausgab, obwohl er nachweislich keiner ist. Aber anstatt dass die “echte” Staatsanwaltschaft diesem Mann mittels eines saftigen Bußgeldes aufzeigt, dass es so nicht geht, veranlasst sie über das Amtsgericht Hamburg, den Zeugen und Anzeigenden Stefan F. (Name geändert) einen Strafbefehl über knapp 300 Euro zukommen zu lassen. Ein unglaublicher Vorfall. Die Einzelheiten: Der Geschäftsmann soll provozierend langsam gefahren und mehrfach in verschiedene Straßen abgebogen sein, ohne den Blinker zu setzen. Dann käme es zu einem Beinahunfall wegen des Nichtblinkens. Zuguterletzt soll der Autofahrer seinen Mittelfinger und das “Arschloch”-Zeichen gezeigt haben. “Grund genug, gegen den Autofahrer vorzugehen”, sagt Stefan F., der mit seinem Kumpel im nachfolgenden PKW saß. Im Bereich der Außenalster hielt der Geschäftsmann plötzlich auf einem Mittelstreifen an. “Meine Chance, den Fahrer zu Beweiszwecken zu fotografieren”, sagt Stefan F.. Was folgte, übertrifft alle Erwartungen. Der Fahrer soll seine Fensterscheibe gesenkt und Stefan F. mit den Worten “Ich bin der Staatsanwalt, ihr bekommt mächtig Ärger. Ihr legt euch mit einem Staatsanwalt an” angesprochen haben. Nach Überprüfung seines amtlichen Kennzeichens stellte sich heraus, dass der Fahrer gar kein Staatanwalt ist. Stefan F. und sein Kumpel stellten Strafantrag wegen Beleidigung und Nötigung und erbrachten gleichzeitig den Hinweis, dass sich der Autofahrer einer Amtsanmaßung schuldig gemacht hat. Am 3. Januar 2013 die Entscheidung zu diesem Fall von der Staatsanwaltschaft Hamburg: Das Ermittlungsverfahren gegen (…) ist gemäß § 153 der Strafprozessordnung mit Zustimmung des Gerichts eingestellt worden, weil die Schuld als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Was nun folgte, haut den Zeugen Stefan F. fast um. “Wenige Wochen später flatterte mir ein Strafbefehl über knapp 300 Euro ins Haus – wegen Beleidigung”, sagt Stefan F. “Unglaublich, dass sich das Blatt hier unbegründet gewendet hat”, sagt Stefan F. Grund des Strafbefehls: Stefan F. soll in einer ehrverletzenden Art lautstark die Schimpfwörter “Drecksau”, “Arsch” und “Idiot” benutzt haben. Das behauptet jedenfalls der Geschäftsmann – und zwar so überzeugend, dass selbst ein Richter diesem Mann Glauben schenkte. Die Hamburger Allgemeine Rundschau fragte nach, wollte den Grund wissen: warum wurde das Verfahren gegen den Geschäftsmann eingestellt, der sich laut Aussagen der beiden Zeugen drei Straftaten schuldig gemacht hat? Warum wurde der Fall als belangloses Verkehrsgeschehen eingestuft, obwohl es fast zu einem Unfall kam? Und schließlich tat der Geschäftsmann so, als würde er der Staatsanwaltschaft zugehören – müsste die Staatsanwaltschaft da nicht mit mehr Energie vorgehen? Der Beschuldigte war zuvor bislang strafrechtlich noch in keiner Weise in Erscheinung getreten”, begründet Oberstaatsanwältin Nana Frombach, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, die Einstellung des Verfahrens und ergänzt: “Soweit es den Vorwurf der Beleidigung gegen Stefan F. betrifft, beruht dieser auf dessen eigenen Angaben gegenüber der Polizei und nicht darauf, dass den Angaben des Geschäftsmanns mehr Glauben geschenkt worden ist als denen des Herrn F.” Anmerkung der Redaktion: Stefan F. legte Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Das Verfahren wurde daraufhin eingestellt. Der Staatsanwaltschaft sind im Gerichtsaal Ungereimtheiten aufgefallen. Für Stefan F. steht fest: “Die Staatsanwaltschaft hat hier nicht ordentlich gearbeitet. Ich bin echt enttäuscht: da verursacht jemand beinah einen Unfall, gibt sich als Staatsanwalt aus und hat nicht mal eine Strafe zu befürchten. Ach ja: Der Beschuldigte ist verwarnt worden. Auch eine Art Strafe – zumindest juristisch.”