Neue Baumschutzverordnung soll Bäume in Hamburg schützen

Das Stadtbild in Hamburg verliert immer mehr Bäume, wie der NABU ausgewertet hat. Symbolfoto: FoTe-Press

(ha/mr). Der Senat hat heute eine neue Baumschutzverordnung auf den Weg gebracht. Um die vorhandenen Bäume und Hecken im hamburgischen Staatsgebiet zu erhalten und zu sichern, wurde bereits im Jahr 1948 die erste deutsche Baumschutzverordnung in Hamburg erlassen. Diese wurde nun mit genaueren Regelungen versehen, wie es in einer Mitteilung heißt. Mit der neuen Verordnung wird das Verwaltungshandeln deutlich transparenter und weiter vereinheitlicht. Zugleich wird der hohe Standard des Baumschutzes in Hamburg beibehalten und die bisherige Verwaltungspraxis im Wesentlichen fortgesetzt. Für Baumfällungen sind nach wie vor Ersatzpflanzungen vorzunehmen. Der Umfang der erforderlichen Ersatzpflanzungen wird anhand einer der Baumschutzverordnung beigegebenen Anlage bemessen. Sollten Ersatzpflanzungen nicht oder nicht genügend möglich sein, können auch Ersatzzahlungen verlangt werden. Bei ansonsten zulässigen Bauvorhaben besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung einer Fällgenehmigung.

Die neue Baumschutzverordnung sieht außerdem Erleichterungen vor: Für eine Reihe von Maßnahmen ist eine Genehmigung nicht mehr erforderlich. Dies sind zum Beispiel die Beseitigung von umgestürzten Bäumen, die Freihaltung öffentlicher Wege von überwachsenden Hecken, die Freihaltung der Gebäudewände von Zweigen und Ästen sowie verkehrssichernde Maßnahmen an Bahnanlagen.

Die Verordnung wird nach Veröffentlichung im Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft treten.

Eine Bilanz des NABU Hamburg zeigt ganz deutlich auf, dass in der Baumfällsaison 2021/22 erneut mehr Bäume gefällt als neu gepflanzt wurden. Hamburg hat im Winter 2021/22 wieder fast 1.000 Straßenbäume gefällt. Für ein Viertel der gefällten Bäume ist kein direkter Ersatz geplant. Besonders dramatisch ist der Verlust von über 200 alten Bäumen, die besonders wertvoll sind.

„Zwischen dem 1. Oktober 2021 und dem 28. Februar 2022 sind in Hamburg fast 1.000 Straßenbäume gefällt worden. Für ein Viertel der gefällten Bäume ist kein direkter Ersatz geplant. Besonders dramatisch ist der Verlust von über 200 Bäumen, die aufgrund ihres Alters und der damit verbundenen Größe besonders wertvoll sind. Insgesamt steigt der Straßenbaumbestand erfreulicherweise seit 2018 wieder leicht an – im Vergleich zu 2009 beträgt das Defizit aber immer noch 7.000 Bäume“, wie der NABU Hamburg mitteilt.

„Nicht nur die Sturmtiefs der vergangenen Tage sorgen für umstürzende Bäume, sondern auch die Hamburger Bezirke setzen die Säge locker an. Dabei ist die Rechnung eigentlich ganz einfach: Jeder gefällte Baum muss nachgepflanzt werden. Wenn dies am alten Standort nicht möglich ist, dann muss unbedingt ein neuer Standort für die Ersatzpflanzungen gefunden werden. Es darf nicht sein, dass einige Bezirke jedes Jahr mit einer negativen Baumbilanz enden“, mahnt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg.

Insgesamt mussten in der vergangenen Baumfällsaison 947 Straßenbäume fallen, nur für 712 davon sind bereits Nachpflanzungen vorgesehen. In den Bezirken Wandsbek, Bergedorf und Mitte wurden die meisten Bäume gefällt. Lediglich der Bezirk Nord weist eine positive Bilanz auf. Unter den in diesem Jahr in den Bezirken gefällten Bäumen sind 22 Prozent alte Bäume (209 Bäume) mit einem Stammdurchmesser von mindestens 50 Zentimeter oder 157 Zentimeter Stammumfang. Diese alten Bäume haben sich über längere Zeit im Straßenraum etabliert und kommen mit den teils widrigen Bedingungen klar.

Auswertungen Fällstatistiken 2021/2022 aller Bezirke (Fällungen / geplante Nachpflanzungen):

  • Bezirk Altona* 106 / 104 (- 2)
  • Bezirk Bergedorf 213/ 184 (-29)
  • Bezirk Eimsbüttel 57/ 33 (- 24)
  • Bezirk Harburg 74/ 63 (- 11)
  • Bezirk Mitte 124 / 110 (- 14)
  • Bezirk Nord 60 / 62 (+ 2)
  • Bezirk Wandsbek 313 / 156 (- 157)
  • Gesamt: 937 / 702 (- 235)

Quellen: HamburgService – Online-Dienste der sieben Bezirksversammlungen, Fälllisten der Bezirke, Stand 23.02.2022 / *Quelle Nachpflanzungen Altona: Drucksache 21-2861 Baumbilanz 2021 – öffentliche Bäume / Nachpflanzungen Straßenbäume Oktober bis Dezember 2021


Kommentar: Es gibt also seit 1948 eine Baumschutzverordnung, die den Sinn hat, Bäume in Hamburg zu schützen. Wer allerdings mit offenen Augen durch Hamburg läuft stellt fest, dass sich das Stadtbild massiv verändert hat. Wo noch vor zehn Jahren Bäume, Gebüsch und Hecken das Stadtbild prägte, wurde in der Zwischenzeit jede Menge platt gemacht. Beispiele gefällig? Rund um das Bismarckdenkmal (St. Pauli) wucherte bis vor ein paar Jahren jede Menge Gestrüpp und Büsche. Für viele Tiere ein idealer Rückzugsort in der Großstadt Hamburg.

Im Stadtteil Veddel wurde der Immanuelpark entlichtet: Sträucher, Hecken, Gebüsch, Gestrüpp wurde rigoros entfernt. In der Straße Am Neumarkt im Stadtteil Wandsbek wurde bereits im vergangenen Jahr massiv Grünzeug (Büsche, Sträucher, Hecken, Gestrüpp) entfernt. Vor wenigen Tagen wurden nunmehr Bäume gefällt. In der Straße Am Sandtorpark (HafenCity) wurden mehrere Bäume gefällt. Grund:  Im Zuge von Straßenumbaumaßnahmen mussten Bäume im Kreuzungsbereich Überseeallee/Am Sandtorpark gefällt werden, damit die Straßennebenflächen angehoben werden können. Sie sollen in den vergangenen Jahren abgesackt sein. In einem Anwohnerschreiben heißt es lapidar: „Das ursprüngliche Ziel, die Bäume zu erhalten (…) konnte technisch leider nicht umgesetzt werden, weil eine zu starke Verwurzelung vorgefunden wurde.“  Auch im Hamburger Klövensteen wurden zahlreiche Bäume gefällt, genauso wie rund um den S-Bahnhof Diebsteich (im Rahmen von Bauarbeiten für einen neuen Bahnhof). Auf einem Mittelstreifen an der Max-Brauer-Allee in Altona wurden über 20 Bäume gefällt, genauso wie auf dem Friedhof Ohlsdorf.

Was viele Hamburgerinnen und Hamburger nicht wissen: in der amtlichen Statistik der gefällten Bäume werden aufgrund der Hamburger Baumschutzverordnung aus dem Jahr 1948 in der derzeit aktuell gültigen Fassung nur Bäume erfasst, die in der Höhe von 1,30 Meter über dem Boden einen Stammdurchmesser von 25 Zentimeter haben. Dazu zählen allerdings nur Bäume, die in etwa 40 oder 50 Jahre und älter sind, um auf einen solchen Umfang zu kommen. Vielleicht sollte man diese Handhabung mal verändern. Alle Bäume, die gefällt werden, sollten erfasst und erwähnt werden. Erst dann bekommen die Hamburgerinnen und Hamburger mit, welchen Wert der aktuelle Senat dem Naturschutz zugesteht.