“Tatort”-Dreh sorgt für echten Polizei-Einsatz am Vogelhüttendeich

In diesem Gebäude entstanden an zwei Tagen Filmaufnahmen für einen neuen "Tatort" mit Wotan Wilke-Möhring und Franziska Weisz (Foto rechts) in den Hauptrollen. Fotos: FoTe Press

(mr). Am 28. und 29. April 2021 wurde am Vogelhüttendeich im Stadtteil Wilhelmsburg (Bezirk Hamburg-Mitte) in den Räumlichkeiten vom “GoMokry e.V.” beziehungsweise “M1 Kollektiv” („offene Räume für Wilhelmsburg“) für eine neue Folge der ARD-Reihe “Tatort” gedreht. Dabei gab es auch eine Außenszene, bei der mehrere Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei an der Straßenkreuzung standen. Offenbar stürmte laut Drehbuch eine Einsatzhundertschaft die Räume der Linken Szene, denn inhaltlich soll die Episode von Polizei-Spitzel in der Linken Szene und Polizeigewalt handeln. Kurios: Ausgerechnet die Filmcrew wendet gegen Pressefotografen Gewalt an – wenn auch keine körperliche. “Als ich auf den Auslöser meiner Fotokamera drückte und Fotos der Darsteller machen wollte, kamen sofort ein Filmblocker und ein weiteres Crewmitglied auf mich zu, stellten sich massiv vor meine Kamera”, sagt Christian Petersen (Name geändert). Der Journalist und Pressefotograf wurde aktiv an der Arbeit gehindert, so dass er die echte Polizei rufen musste. Ein Beamter des Polizeikommissariats 44 kam an den Drehort, stellte klar: “Pressevertreter dürfen nicht an ihrer Arbeit behindert werden, solange sie in gebührendem Abstand zum Filmset stehen und vom öffentlichen Grund aus fotografieren.”

Schauspielerin Franziska Weisz steht mit
einem Handy in der Hand am Filmset
vom neuen „Tatort“, der aktuell in Hamburg
und Umgebung gedreht wird. Foto: FoTe Press

Es wurde gegen den Produktionsmitarbeiter Strafantrag gemäß § 240 (Nötigung) gestellt, weil die Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit des Medienvertreters beeinträchtigt war. Demnach ist es nicht erlaubt, sich mit bedrohlichem Verhalten vor einer Person aufzubauen. “Unfassbares und peinliches Verhalten des Mitarbeiters der Produktionsfirma. Wer in der Öffentlichkeit dreht muss auch mit Öffentlichkeit in Zeitungen, Zeitschriften oder Online-Magazinen rechnen”, sagt Petersen. Die Pressestelle der Polizei Hamburg bestätigt: „Von einem öffentlichen Grund und Boden aus darf jederzeit außerhalb der Absperrung eines Filmsets fotografiert werden“. Natürlich müssen Persönlichkeitsrechte von Personen berücksichtigt werden. So dürfen nur Schauspieler oder namenhafte Regisseure portraitiert werden. Auf Gesamtaufnahmen (Übersichtfotos) hingegen dürfen alle am Film beteiligten Personen fotografiert und veröffentlicht werden. Dazu zählen dann auch Komparsen, Kleindarsteller, Maskenbilder, Aufnahmeleiter, Filmblocker, Mitarbeiter von Ton- und Licht, Kameraleute und Techniker sowie alle weiteren Beteiligten. Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR), in dessen Auftrag der „Tatort“ mit Franziska Weisz und Wotan Wilke Möhring gedreht wird, sagt, dass von außerhalb des Filmset Fotos angefertigt dürfen.

Einzig gute Nachricht: Die etwa 3.000 Euro, die der Verein als Mieteinnahmen generiert, sollen nach eigenen Angaben ausschließlich für die Unterstützung von Menschen, die von Rassismus und anderen Formen von Diskriminierung und Gewalt, unter anderem auch von Polizeigewalt, betroffen sind, genutzt werden. In einer Stellungnahme heißt es: “Wir möchten nach dem Tatort-Dreh zusammen mit dem Infoladen Wilhelmsburg eine Abend-Veranstaltung zum Thema `Spitzel in der Linken Szene` organisieren, bei dem wir uns mit der Praktik der polizeilichen Unterwanderung und ihrer Historie in Hamburg kritisch auseinander setzen wollen.” Wann der jetzt gedrehte “Tatort” in der ARD zu sehen sein wird, steht aktuell noch nicht fest.

Kommentar:

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Eine Mitarbeiterin steht mit Filmklappe
am Hosenbund neben Schauspielerin
Franziska Weisz. Foto: FoTe Press

Auf mehreren Hinweiszetteln (Schreiben liegt der Redaktion vor), die die Produktionsfirma „Wüste Medien GmbH“ an Hauseingängen umliegender Anwohnerhäuser aufgehängt hat, war zu lesen: „Wir werden bemüht sein, unsere Dreharbeiten so schnell und für Sie störungsfrei wie möglich durchzuführen. Sollten Sie trotz aller Vorsicht dennoch Probleme mit unseren Arbeiten oder unseren Fahrzeugen haben, zögern Sie nicht uns anzusprechen.“ Eine Anwohnerin ist auf den Streit zwischen der Produktionsfirma und einem Pressefotografen aufmerksam geworden. „Könnt ihr Euren Streit bitte woanders austragen“, sagte sie aus einem geöffneten Fenster. Soweit zum Thema „störungsfrei“. Die Filmcrew legt es offenbar auf Streitereien an. Bei allem Verständnis, dass Schauspieler oder das Filmteam nicht fotografiert werden möchte, so müssen es Schauspieler oder Filmteam hinnehmen. Dreharbeiten stellen immer ein öffentliches Interesse dar, sind ein zeitgeschichtliches Dokument. Wird in der Öffentlichkeit gedreht, muss das Filmteam auch mit öffentlicher Berichterstattung rechnen. Halten sich Fotografen und Journalisten an die Spielregeln (dringen nicht ins Filmset ein, belästigen keine Schauspieler an deren Aufenthaltsfahrzeugen oder Maskenmobilen), so ist dies auch kein Problem. Unsere Fotografen versichern, dass sie sich stets in gebührendem Abstand vom Filmset aufhalten und aus weiter Entfernung fotografieren. Dennoch kommen immer wieder Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens (auch „Filmblocker“) oder Crewmitglieder auf die Fotografen zu und bedrängen sie zum Teil. Auch wenn der Ton zunächst nett ist und meistens die Bitte ausgesprochen wird, hier nicht zu fotografieren, so wird der Ton rauher, wenn Fotografen und Journalisten dieser Bitte nicht nachkommen. Das darf nicht sein. Und wenn sich dann aktiv Personen vor die Fotografen stellen und sie an ihrer Arbeit behindern, ist es nicht hinnehmbar!


Ein Polizist nimmt die Daten von zwei
Mitarbeitern des „Tatorts“ auf. Foto: Privat

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