
(mr). Gut fünf Wochen vor der Bundestagswahl (23. Februar) kam AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf Einladung der AfD-Fraktion ins Hamburger Rathaus. Für Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher und Tausende Demonstranten war sie nicht willkommen. „Heute ist ein guter Tag, um an die Hamburgische Verfassung zu erinnern. Denn manchmal hat man auch im Rathaus ungebetene Gäste. Aber unsere Demokratie ist stark und wehrhaft“, schrieb Tschentscher auf seinem offiziellen Account bei X (vormals Twitter). AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann zeigte sich von der Reaktion Tschentschers empört. „Während friedfertige Bürger unserer Veranstaltung beiwohnen möchten, planen Linke gewaltsame Blockaden“, wird der Politiker in einer Pressemitteilung zitiert. „Anstatt diese Gewaltandrohungen konsequent zu verurteilen, fällt dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher nichts weiter sein, als von ‚ungebetenen Gästen‘ im Rathaus zu fabulieren und die Stimmung weiter anzuheizen.“
Mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, Streifenwagenbesatzungen, Hundeführer, Drohnenstaffel und zivile Einsatzkräfte waren im Einsatz. Etwa 1.500 Polizisten sorgten rund um das Rathaus für Sicherheit. Das Rathaus glich einer Festung, in die zunächst Teilnehmende und Journalisten Schwierigkeiten hatten, durch zu kommen. An bestimmten Einlasstellen mussten Personalausweis und Einladung respektive Akkreditierung vorgezeigt werden – sonst wurde man abgewiesen. Die Hamburger Polizei bekam dabei Unterstützung aus anderen Bundesländern: Kräfte aus Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und der Bundespolizei kamen in die Hansestadt, wie ein Sprecher der Polizei mitteilt.

Die Beamten mussten die Teilnehmer der AfD-Veranstaltung im Rathaus von etwa 16.000 Demonstrierenden trennen. Im Vorwege rechnete die Polizei bei unterschiedlichen Demonstrationszügen mit etwa 400 bis 600 Teilnehmenden aus der linksextremen Szene. Die Demonstrationen wirkten sich nicht nur auf den Autoverkehr in der Innenstadt, sondern auch auf den Bahnverkehr aus: Die Bereiche Mönckebergstraße, Steinstraße und Jungfernstieg wurden zeitweise nicht mit Bussen angefahren. An der U3-Haltestelle Rathaus fuhren die U-Bahnen während der Veranstaltung zeitweise durch. Fahrgäste mussten entweder an den Haltestellen Rödingsmarkt oder Mönckebergstraße ausweichen.
Im Rathaus selbst feierten die etwa 850 geladenen Gäste Alice Weidel. Gleich zu Beginn gab es Standing-Ovations. Fraktionsgeschäftsführer Krzysztof Walczak begrüßte die Bundesvorsitzende unter Jubel als „die nächste Bundeskanzlerin“.
Unter dem Motto „Hamburg wieder auf Kurs bringen“ traf sie ihre Mitstreiter um den Vorsitzenden Dirk Nockemann im Großen Festsaal. Weil der Besucherandrang so groß war, mussten Gäste auf zwei umliegende Räume ausweichen, in denen die Reden der Politiker auf Monitore übertragen wurde. Alice Weidel ließ es sich nicht nehmen, aber auch dort persönlich vor dem Publikum zu sprechen. Es sei eine große Ehre für sie, im Rathaus zu reden. „Extra für die Linksextremen habe ich mir diesen Herzpulli angezogen“, sagt sie und bezieht sich auf die Vorkommnisse in Riesa und Hamburg. „Gewalt ist niemals die Form der Auseinandersetzung in einer Demokratie“. Stolz zeigte sie zwei rote Herzen auf ihrem Pulli und formte mit ihren Händen ein Herz.

Festsaal im Hamburger Rathaus. Mehrere
Personenschützer waren stets an ihrer Seite.
Weidel ging in ihrer Rede auch auf die schreckliche Tat auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) ein. Es sei ein Araber gewesen, der den Behörden bekannt war und nicht in Deutschland hätte leben dürfen, klagte die Kanzlerkandidatin und monierte: „So ist es jedes Mal. Immer wieder wird uns gesagt, dass jemand hier nicht mehr hätte sein dürfen und dann passiert etwas.“ Sie wiederholte die bekannte Kritik an der Politik der übrigen Parteien. Sollte die AfD regieren, werde sie unter anderem die Verbote des Verbrenners sowie von Öl- und Gasheizungen aufheben und „Turbo-Einbürgerungen“ abschaffen. Nach Ende des etwa 40-minütigen Auftritts feierten die Zuhörer die AfD-Spitzenfrau wie einen Popstar, mit heftigem Beifall und „Alice, Alice“-Rufen. Erneut gab es Standing Ovations.
Alice Weidel stammt aus dem nordrhein-westfälischen Gütersloh. Sie ist promovierte Volkswirtin und Mutter zweier Kinder. Gemeinsam mit Tino Chrupalla ist sie Fraktionsvorsitzende der AfD im Deutschen Bundestag und zudem AfD-Bundessprecherin.

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