Verbotenes Magazin „Compact“ klagt gegen Verbot

Eine Ausgabe des Magazins "Compact" in einem Zeitungsregal in einem Hamburger Geschäft. Foto: FoTe Press

(ds/ha). Medien genießen in Deutschland generell einen besonderen grundrechtlichen Schutz. Werden Verlagsräume durchsucht, bedarf es vorher einen richterlichen Beschluss. Zudem heißt es im Grundgesetz im Artikel 5 unter dem Tenor Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Vor wenigen Tagen allerdings hat das Bundesinnenministerium das „Compact“-Magazin als „Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ verboten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagt: „Ich habe das rechtsextremistische Compact-Magazin verboten. Es ist ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene. Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie. Unser Verbot ist ein harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene. Das Verbot zeigt, dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen. Unser Signal ist ganz klar: Wir lassen nicht zu, dass ethnisch definiert wird, wer zu Deutschland gehört und wer nicht. Unser Rechtsstaat schützt all diejenigen, die wegen ihres Glaubens, ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder auch wegen ihrer demokratischen Haltung angefeindet werden. Ich danke den Sicherheitsbehörden im Bund und in den beteiligten Ländern für die eng abgestimmten, konsequenten Maßnahmen.“

Aber wo sind die Grenzen der Meinungsfreiheit? Was müssen wir als Gesellschaft aushalten? In der Talkshow „Markus Lanz“ (ZDF) am 24. Juli 2024 sagte Jurist Kai Ambos: „Viel!“ Der Strafrechtler an der Universität Göttingen erklärte in diesem Kontext die sogenannte „Wunsiedel-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichtes im Jahr 2009. „Wir müssen auch Meinungen tolerieren, die auf eine grundlegende Änderung der politischen Ordnung zielen.“ Als Beispiel führte der Jurist die Gruppe, die nach einem Kalifat schreit, an. „Ich lehne diese Gruppe total ab. Auf alles was ich an gesellschaftlichen Gruppen hier ablehne, ist nicht die Antwort, sie zu verbieten. Vielmehr sollte die muslimischen Mitbürger eine Gegendemo machen.“

Auch Juristin Nora Markard war als Gast in der Sendung und sieht die Durchsuchung des Verlags als einen Eingriff in die Pressefreiheit. Das genutzte Vereinsverbot bezeichnete sie als „Umgehungskonstruktion“. Als Begründung führte die Juraprofessorin aus Münster an: „Das Presserecht lässt kein generelles Verbot von Presseorganen zu – allenfalls die Verbreitung bestimmter Ausgaben kann gestoppt werden. Interessanter Weise ist nicht die Zeitschrift an sich verboten worden, sondern es ist ein Vereinsverbot.“ Man erklärt das Medium zu einem Verein, um die Person hinter dem Medium zu fassen bekommen und zu verbieten. Problematisch ist es allerdings, so die Juristin weiter, dass das Bundesinnenministerium das ein Medium vor Erscheinen komplett verbietet. Dies sei nicht erlaubt. Erlaubt sei es hingegen, wenn in einer Publikation volksverhetzende Inhalte drin sind. Dann müssen sie aus dem Handel genommen und dürfen nicht weiter verkauft werden.

Aber nicht nur beide Gäste der ZDF-Talkshow kritisieren das Verbot des Magazins, auch immer mehr Juristen, Politiker und Journalisten sind sich einig: Innenministerin Nancy Faeser verletzt mit dem Verbot des „Compact“-Magazins die Pressefreiheit. Die Rücktrittsforderungen gegen die SPD-Politikerin werden lauter. Für die Pressefreiheit gelte „ein besonders strenger Maßstab“, schrieb etwa Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) auf seinem sozialen Mediakanal bei X (früher Twitter). „Der Verdacht drängt sich auf, dass Umfang und Bedeutung dieses für unsere Demokratie elementaren Grundrechts verkannt wird.“

Im Gespräch mit dem Fernsehsender Welt TV führte Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler aus: „Man darf in die Pressefreiheit nur eingreifen, wenn es strikt verhältnismäßig ist.“ Innenministerin Faeser bediene sich eines Tricks und umgehe die Pressefreiheit, indem sie „Compact“ als Verein definiere. „Das ist juristisch völlig inakzeptabel.“

Die „Compact-Magazin GmbH“ wird von dem Rechtsextremisten Jürgen Elsässer geleitet. Die Hauptprodukte des multimedial ausgerichteten Unternehmens sind das monatlich erscheinende „Compact-Magazin“ mit einer Auflage von 40.000 Exemplaren und der Online-Videokanal „Compact-TV“. Daneben ist die „Compact-Magazin GmbH“ in zahlreichen sozialen Medien präsent und betreibt einen Online-Shop, über den neben eigenen Printerzeugnissen Bücher, Hörbücher, CDs und DVDs sowie Merchandise-Artikel wie Kleidungsstücke, Plakate, Aufkleber, Tassen und Medaillen vertrieben werden.

Das Magazin wehrt sich aktuell vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen sein Verbot. Kürzlich seien sowohl eine Klage als auch ein Eilantrag eingegangen, teilte ein Sprecher des Gerichts in Leipzig mit. Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für derartige Klagen zuständig.


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