Polizist in Dortmund schubst Passanten, weil er Fotos vom Dienstwagen macht

Ein Streifenwagen der Polizei Nordrhein-Westfalen in Dortmund. Die Besonderheit: eines der Lichter auf dem Dach ist nicht blau, sondern weiß. Foto: ha

(as). Um eines gleich vorweg zu nehmen: die allermeisten Polizisten machen echt gute Arbeit! Sie sind freundlich, hilfsbereit, gut ausgebildet. Aber es gibt auch welche, die gerne eine rote Linie überschreiten – so geschehen am vergangenen Sonnabend in Dortmund. Aber von vorne: Marcel Schulz (Name geändert) fährt aus Hamburg nach Nordrhein-Westfalen. Deutschland gegen Dänemark steht auf Programm (das DFB-Team gewann in Dortmund mit 2:0 gegen Dänemark und steht nun im Viertelfinale). Rund um das Stadion sind jede Menge Polizeifahrzeuge im Einsatz: Beweis- und Dokumentationswagen (BeDoKw), LauKw (Lautsprecherwagen), Halbgruppen- und Gruppenwagen, Funkstreifenwagen sowie zahlreiche Sonderfahrzeuge (unter anderem Verpflegung).

Marcel Schulz fotografiert zahlreiche Polizeifahrzeuge – alles verläuft reibungslos. „Manche Polizisten schließen extra eine Fahrzeugtür oder gehen einen Schritt zu Seite, so dass ich die Fahrzeuge komplett und ohne Beiwerk fotografieren kann. Tolles Verhalten“, sagt der Hamburger.

Ein Lautsprecherwagen mit der Kennung „D II“
führt einen Fanmarsch der Dänischen Fans an.
Foto: ha

Polizist schubst willkürlich einen Mann, weil er Fotos vom Polizeiwagen macht

Die Reaktion eines Polizisten macht allerdings fassungslos. So soll ein Beamter aus einem Streifenwagen ausgestiegen sein und hätte ihn in einer herabwürdigen Weise mit der Frage „Kann ich Ihnen helfen?“ angesprochen. Diese Frage wiederholte er, nachdem Marcel Schulz auf die plumpe Anmache nicht reagierte. Laut und deutlich sagte er, dass er nur den Dienstwagen fotografiere und nicht den Polizisten. Dennoch reagierte der Beamte weiter sehr herabwürdigend: „Warum machen Sie Fotos von dem Wagen, fotografieren Sie doch ein anderes Auto!“ Sofort fing der Polizist an, Marcel Schulz wegzuschubsen. Nach dem Motto „ich habe eine Uniform an, du nicht“ schubste er den Hamburger. Geistesgegenwärtig schaltete er sein Handy an und machte von da an ein Video von der Situation, was der Polizist zunächst ebenfalls versuchte zu untersagen.

„Ein unfassbares Verhalten. Es gab keinen Grund, mich überhaupt anzufassen und zu schubsen. Nur weil ich nicht auf seine Ansprache so reagiert habe, wie er es sich gewünscht hätte“, moniert Schulz.

Polizist will sich nicht ausweisen oder Namen verraten

Auch mehrere von diesen Beweis- und
Dokumentationsfahrzeugen sind in Dortmund
im Einsatz.

„Als Polizist stellt man sich erst einmal vor und sagt Guten Tag, ich bin Herr Sowieso. Ich habe gesehen, dass Sie den Polizeiwagen fotografieren. Darf ich fragen, warum Sie das machen? Dann hätte ich mit ihm ein nettes Gespräch angefangen. Aber nicht so!“, sagt Marcel Schulz weiter. Er fragt nach seinem Dienstausweis beziehungsweise Dienstnummer, um sich über ihn zu beschweren. „Gebe ich nicht, Sie können sich meine Nummer vom Rücken aufschreiben“, soll der Polizist geantwortet haben.

Laut geltendem Erlass der Polizei Nordrhein-Westfalen haben Polizeivollzugsbeamte den Polizeidienstausweis bei Amtshandlungen auf Verlangen vorzuzeigen; beim Einsatz in Zivilkleidung haben sie dies unaufgefordert zu tun. Werden Polizeivollzugsbeamte unter gemeinsamer Führung eingesetzt, ist nur der mit der Führung Beauftragte vorzeigepflichtig. Eine Nummer auf dem Rücken der Dienstuniform reicht nicht aus, weil mehrere Beamte die gleiche Nummer aufgedruckt haben können.

Wie ist die Rechtslage?

Nachdem der Polizist ausgestiegen ist, war klar, dass es Marcel Schulz nur auf das Fahrzeug ankommt. Das Recht am eigenen Bild kann nicht tangiert sein, weshalb sich der Beamte so verhalten hat. Denn niemand muss eine Veröffentlichung eines Bildnisses von sich selbst dulden, wenn er es nicht möchte. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen: Wenn Polizeifahrzeuge veröffentlicht werden und Personen im Einsatzwagen sitzen und Schemenhaft zu sehen und nur Beiwerk sind, so ist auch dann eine Veröffentlichung zulässig. Quelle: https://dejure.org/gesetze/UrhG/57.html  (Beamte, die sich neben, hinter oder in einem PKW befinden, gelten als Beiwerk, weil sie nicht im Mittelpunkt des abgebildeten Gegenstands zu sehen sind).

Was kann der Bürger machen, wenn sich ein Polizist nicht ausweist?

Wie verhält sich nun ein Bürger nach einer polizeilichen Maßnahme, der explizit den Namen oder die Dienstnummer eines Polizisten haben möchte, um sich über ihn zu beschweren?

Unser Tipp: Machen Sie ein Foto von dem Polizisten. Lassen Sie sich auf keinen Fall abhalten, ein Foto zu machen. Es handelt sich weder um eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat! Sie dürfen das Foto aber keinesfalls veröffentlichen oder gar eine entsprechende Äußerung machen. Denn dann hätte der Beamte sogar das Recht, vorbeugend das Handy oder den Fotoapparat zu beschlagnahmen. Allerdings sind die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 28.03.2012, Az.: 6 C 12.11 ) jedoch erhöht.

Beschwerde beim Dezernat für interne Ermittlungen einlegen

Sagen Sie gleich zu Beginn, dass Sie das Foto nur privat machen, um sich über den Polizisten zu beschweren. Hinterher lassen Sie ihr Foto dem Dezernat für interne Ermittlungen zukommen.

Wir haben natürlich bei der Polizei Dortmund um Stellungnahme zu diesem Fall gebeten. Eine Antwort blieb bis Redaktionsschluss noch aus. Liebe Polizei Dortmund: es gibt mehrere Internetseiten wie diese hier: blaulicht-ruhrgebiet.de, polizeiautos.de oder bos-fahrzeuge.info. Da veröffentlichen Personen Fahrzeuge unter anderem von Polizeifahrzeugen.

Vielleicht wollte Marcel Schulz aber auch einfach seinem Neffen eine Freude mit schönen Fotos von Polizeifahrzeugen machen? In Dortmund gibt es andere als in Hamburg – denn Polizei ist Ländersache.

Vielleicht interessiert sich Marcel Schulz aber auch schlicht selbst für Polizeiwagen. Solltet ihr euch nicht über die schönen Fotos der Polizeiflotte freuen, die im Internet zu sehen ist?

Nach Angaben der Polizei soll übrigens gegen den Polizisten wegen des Verdachts der Nötigung im Amt ermittelt werden. Erfahrungsgemäß stellt die Staatsanwalt solche Fälle aber wegen „Mangels öffentlichen Interesses“ meistens ein.

Das hintere „Blaulicht“ ist nicht blau, sondern weiß.
Ein Streifenwagen steht auf einem Parkplatz.
Eine Polizistin macht mit ihrem Handy Fotos
oder Videos vom Fanmarsch der Dänen.

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